scales

Wer ist systemrelevant?

Eines der dringlichsten Anliegen zu Beginn der Pandemie war es zu definieren, wer eine „systemrelevante Arbeitskraft“ ist. Die Bundesstaaten waren sich diesbezüglich uneinig. Masseure galten im Bundesstaat Washington als systemrelevant und in Kalifornien nicht.

Da Koch in den USA zehntausende von Mitarbeitern in hunderten verschiedener Funktionen beschäftigt, musste der Konzern sicherstellen, dass bei Entscheidungen im Zusammenhang mit COVID-19, wozu auch die Definition einer „systemrelevanten Arbeitskraft“ zählt, das beste Expertenwissen herangezogen wurde.

„Früher“, erzählt Ray Geoffroy, Chefsyndikus von Koch, „hätten wir sieben unterschiedliche Meinungen von sieben unterschiedlichen Firmenanwälten zu ein und derselben Rechtsfrage gehabt, weil wir sieben unterschiedliche Rechtsteams mit ganz eigenen juristischen Visionen in unseren Unternehmen und Capabilities hatten. Jedes Rechtsteam stellte ein geschlossenes System dar, das unabhängig von den anderen Rechtsteams agierte. Wissen wurde nur begrenzt ausgetauscht und jedes Team hatte seine eigenen Vorstellungen und Prioritäten.“

Vor zwei Jahren haben sich die Chefsyndizi aller Koch Unternehmen zusammengesetzt und eine gemeinsame juristische Vision für alle Koch Unternehmen ausgearbeitet. „Unser neues Motto lautet: grenzenübergreifende Capability, denn nun arbeiten wir über Grenzen hinweg. Wir agieren jetzt als geschlossene Einheit, können unseren komparativen Vorteil besser ausspielen, uns besser absprechen und austauschen und unsere Entscheidungen besser abstimmen“, erklärt Geoffroy. „Wir können seitdem bessere Ergebnisse erzielen und das sogar schneller als zuvor.“

So machte Geoffroy einen Syndikus dafür verantwortlich, sich um das Anliegen der Systemrelevanz zu kümmern. Dieser sollte sein Wissen anschließend mit der gesamten Organisation teilen. Die Rechtsabteilung arbeitete auch mit zahlreichen anderen Koch Capabilities an der Ausarbeitung und Umsetzung von Empfehlungen im Hinblick auf systemrelevante Arbeitskräfte zusammen. Seitdem wurden einzelne Bereiche wie Personalwesen, Trademarks, Patente und Verträge einzelnen Verantwortlichen zugewiesen.

Eine weitere große Veränderung bestand darin, die Anzahl externer Anwaltskanzleien, mit denen man zusammenarbeitete, zu reduzieren. „Von mehr als 700 Kanzleien haben wir eine Liste mit 14 bevorzugten Partnern erstellt, mit denen wir zum Nutzen beider Seiten zusammenarbeiten konnten“, sagt Geoffroy. „So konnten Spannungen reduziert und Transaktionskosten wesentlich gesenkt werden, weil wir Mengenrabatte aushandeln konnten. Unser Ziel ist es, 80 % unserer externen Rechtskosten über diese bevorzugten Partner laufen zu lassen.“

flower chart

Das Rechts-Tech-Portfolio.

Das Rechtsteam bevorzugt Partner, die bereit sind, neue Wege zu gehen, um einen gegenseitigen Nutzen zu schaffen. Einem erlesenen kleinen Kreis bevorzugter Partner kann das Rechtsteam besser vermitteln, was Koch wichtig ist, wobei hier besonders Wert auf Kreativität und Experimentierfreudigkeit gelegt wird. Die bevorzugten Partner wurden angehalten, sich alternative Honorarvereinbarungen und innovative Modelle zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen zu überlegen, um Kosten zu senken und den Service zu beschleunigen.
 
Der Begriff „Transformation“ klingt im juristischen Bereich zwar etwas seltsam, aber Geoffroy behauptet felsenfest, dass sein Team sich auch anderweitig verändern kann — auch was den Einsatz von Technologien anbelangt.

„Es gibt im rechtlichen Bereich auch sehr viele Routineaufgaben, zum Beispiel das Einreichen von Registrierungs- oder Lizenzanträgen bei Behörden. Heute erledigen Roboter diese Aufgaben für uns. Sie können auch Informationen für Patente und Trademarks einholen und übernehmen einen Großteil wiederholter Aufgaben für uns im Bereich Due-Diligence- und Vertragsprüfung.

„Wir bearbeiten mindestens 10.000 Geheimhaltungsvereinbarungen im Jahr. Einen großen Teil dieser Arbeit automatisieren zu können, macht unserem Team das Leben leichter.“

Quotation Mark

„Wir haben unsere Rechtskosten in den vergangenen sechs Jahren um 35 % gesenkt, trotz steigender Investment- und Übernahmetätigkeiten.

Ray Geoffroy

Persönliche Veränderung

Als ein Beispiel für Selbstverwirklichung und kontinuierliche Veränderung bei Koch verweist Ray Geoffroy auf Christine Cason, eine Firmenanwältin von KCPS. „Die Transformation von Christines Position war ein Experiment“, so Geoffroy, „und ihr Erfolg in dieser neuartigen Position führte dann dazu, dass ähnliche Veränderungen in der gesamten Capability umgesetzt wurden.“

Inline Captioned Image

Cason leitet das Rechtsteam von Koch, das für Trademarks, Copyrights und Domainnamen zuständig ist. Als sie 2002 bei GP als Division Counsel für das Dixie-Geschäft anfing, war es gang und gäbe, dass alle Geschäftsbereiche ihre Trademark-Angelegenheiten selbst abwickelten. „Ein Anwaltsgehilfe und ich regelten so viele von Dixies Rechtsangelegenheiten im Bereich Trademark und Copyright wie möglich intern“, so Cason.

Als die Arbeit immer mehr wurde, half Cason dabei, ein Trademark-Team innerhalb des GP-Teams für geistiges Eigentum aufzubauen. „Irgendwann 2006 haben wir festgestellt, dass wir all diese Arbeit für alle Geschäftsbereiche von GP, nicht nur für Dixie oder Consumer Products, intern bewerkstelligen könnten. So hat sich der Verantwortungsbereich meiner Position erweitert und ich habe fortan alle anderen Geschäftszweige von GP unterstützt.“ Das Trademark- und Copyright-Team wurde immer größer, es wurden ein weiterer Anwalt und weitere Gehilfen eingestellt.

Der Austausch von Wissen ist für Kochs juristische Capability genauso wichtig wie für andere Capabilities oder Geschäftseinheiten. Aber wie Cason sehr bald feststellte „haben die Teams in den unterschiedlichen Unternehmen nicht an einem Strang gezogen. Das kollegiale Verhältnis war super und man hat auch produktiv Wissen mit anderen Rechtsteams ausgetauscht, dennoch tendierte jedes Unternehmen dazu, sein eigenes Süppchen zu kochen.“
 
So gestaltete sich die Ausgangslage, als Tye Darland, Chefsyndikus von Georgia-Pacific, und Ray Geoffroy, Chefsyndikus von Koch Industries, 2018 das Experiment ankündigten, die Rechtsteams von KII und GP zusammenlegen zu wollen. Dieses Konzept sah vor, ein Team auf Grundlage seines komparativen Vorteils und nicht nach Geschäftseinheit zu etablieren und es dann unternehmensübergreifend einzusetzen. „Sie wollten sehen, was passiert, wenn wir ein ‚grenzenübergreifendes‘ Team für Trademarks einsetzten“, meint Cason. „Neben Immobilien waren wir das einzige Team, das so ein Experiment gewagt hat.“

Nachdem wir uns durch alle verwendeten Aktenmanagementsysteme für Trademarks und Copyrights gekämpft hatten, führte das Team alles in einem einzigen System zusammen und legte alle Akten in einem Online-Aktenablagesystem ab. „Das war ein ziemlich beschwerliches Unterfangen“, gibt Cason zu. „Tausende von Akten mussten gescannt und hochgeladen werden. Aber das Timing hätte gar nicht besser sein können, denn als die COVID-Krise hereinbrach und alle von zu Hause aus arbeiten mussten, konnten wir auf alles, was wir brauchten, online zugreifen.“

Fazit: Nun ist das Experiment kein Experiment mehr.

Andere Spezialisten innerhalb der KCPS Legal Capability folgen Casons Erfolgsbeispiel. Casons Verantwortungsbereich hat sich inzwischen nicht nur auf weitere Koch Unternehmen ausgeweitet, sie unterstützt jetzt als Firmenanwältin auch die Koch Global Services Group, was für sie wiederum neue Erfahrungen und Herausforderungen mit sich bringt.

„Ich habe aufgehört zu zählen, wie oft sich meine Rolle nun schon verändert hat“, sagt Cason, „aber es hat sich jedes Mal unglaublich gelohnt. Es macht mir großen Spaß, stets Neues zu lernen und auszuprobieren. Und ich habe für mich selbst festgestellt, dass ich Freude daran hab, Teams zu leiten.

„Man hat bei Koch so viele Möglichkeiten, da ist es nicht schwer, über den Tellerrand seines ursprünglichen Verantwortungsbereichs hinauszuschauen. Wenn ich meine alten Jura-Kommilitonen treffe, sind sie immer sehr verwundert darüber, dass ich nach so langer Zeit noch beim selben Unternehmen arbeite.

„Meine Standardantwort darauf lautet: Es ist zwar dasselbe Unternehmen, aber nicht derselbe Job.“